Da Werkstückträger bzw. Werkstückaufnahmen direkt mit Bauteilen in Berührung kommen, sind sie in sauberkeitssensiblen Montageanlagen kritische Komponenten die bei der Konstruktion mit besonderem Augenmerk behandelt werden müssen. Worauf müssen Konstrukteure also achten, um die Vorgaben der Technischen Sauberkeit erfüllen zu können? Wir haben anhand eines konkreten Projektbeispiels Konstruktionstipps zusammengetragen.
Werkstückträger und Werkstückaufnahmen dienen in Montagemaschinen und Fertigungsanlagen zur Aufnahme und Positionierung von Bauteilen für den Montageprozess. Diese primäre Funktion wird teilweise auch mit einer Transportfunktion kombiniert.
Im betrachteten Beispiel mit dem Namen „Projekt Alpha“, werden zwei zylindrische Komponenten über einen Rundtisch und ein Zwischenhandling in einen Fügeprozess eingeschleust. Die beiden Fügekomponenten werden dabei zunächst manuell von einem Werker in die beiden Aufnahmen eingelegt.
Bei den Komponenten handelt es sich um zwei elektronische Baugruppen, die über eine Flansch-Schnittstelle zusammengefügt und im Anschluss daran verschraubt werden sollen. Da die Baugruppen jeweils nur flanschseitig offen sind kann ein Partikeleintrag nur auf diesem Wege erfolgen. Folglich werden die Baugruppen in einer speziellen Verpackung mit der offenen Schnittstelle nach unten vom Elektronik-Produzenten an die Maschine geliefert und auch in dieser Lage auf den Rundtisch übernommen.
Unter der Leitung eines erfahrenen Beraters für Technische Sauberkeit wurden im Rahmen des Konstruktionsprozesses der Fertigungsanlage einige der nachfolgenden Maßnahmen gezielt umgesetzt.
1. Reduktion von Kontaktflächen
Um einen Partikelübertrag von der Aufnahme zum Werkstück maximal zu erschweren sind produktberührende Flächen möglichst klein zu halten. Punktberührungen sind Linien- und Flächenberührungen vorzuziehen. Selbstverständlich darf diese Konstruktionsmaßnahme nicht zu einem schädigenden Anstieg der Punktlasten am Produkt führen.
Über zwei Positionierstifte und 2 kleine Auflageflächen wurde in der Werkstückaufnahme A eine minimale Kontaktfläche realisiert.
2. Geschlossene Oberflächen
Bei der Konstruktion von Werkstückträgern und Werkstückaufnahmen ist speziell darauf zu achten, dass nach oben zeigende Flächen geschlossen sind. Dadurch können einerseits Partikelanhäufungen vermieden werden, andererseits lassen sich solche Aufnahmen gut reinigen. Somit kann schädliche Partikelverschleppung reduziert werden.
Um zu erreichen, dass die Werkstückaufnahme A eine vollständig geschlossene Oberfläche hat, wurde die Befestigung der Aufnahme von unten her realisiert.
3. Sackbohrungen durch Schutzkappen verschließen
In Sackbohrungen und nach unten hin geschlossenen Cavitäten und Vertiefungen sammeln sich freie Partikel. In der Regel lassen sich solche Vertiefungen auch nicht restlos reinigen.
Unter Umständen machen es die Randbedingungen einer Konstruktion erforderlich, die nach oben zeigenden geschlossenen Flächen durch Bohrungen zu unterbrechen. In solchen Fällen müssen diese durch Schutzkappen verschlossen werden.
4. Vertiefungen als Schmutzsenken ausführen
Dort wo Vertiefungen nicht vermieden werden können, weil sie beispielsweise zur Positionierung eines Werkstücks erforderlich sind sollten diese als Schmutzsenken ausgeführt werden. Sie müssen also nach unten hin offen sein und einen ungehinderten Partikeldurchtritt ermöglichen. Form und Größe der Öffnung sollte so gewählt werden, dass einfaches Reinigen unterstützt wird.
Die Werkstückaufnahme B muss eine Vertiefung für das Bauteil bereitstellen. Sie ist daher als nach unten hin offene Schmutzsenke ausgeführt!
5. Schnellwechselbare Werkstückaufnahmen
In vielen Fällen kann es sinnvoll sein bauteilspezifische Werkstückaufnahmen schnellwechselbar auszuführen. Dadurch können diese dann sehr ökonomisch demontiert und allenfalls einem Reinigungsprozess (z.B. Ultraschallreinigung) außerhalb der Fertigungseinrichtung zugeführt werden. Von besonderer Bedeutung ist diese Konstruktionsmaßnahme dann, wenn in einer Fertigungsanlage eine Vielzahl gleichartiger Werkstückträger und Werkstückaufnahmen zum Einsatz kommen.
6. Verwendung von Radien statt Fasen und Kanten
Um die Entstehung von Partikelabrieb zu vermeiden sind in Werkstückträgern Radien anstelle von Fasen zu empfehlen. Auch rechtwinklige, nach innen zeigende Übergänge und Kanten sollten durch Hohlkehlen ersetzt werden. Dies ist speziell für die Reinigung von Werkstückaufnahmen vorteilhaft.
Die Bauteilaufnahme des Zwischenhandlings weist prinzipiell dieselbe Geometrie auf, wie Werkstückaufnahme B. Da es jedoch eine Schwenkbewegung über den Prozessbereich macht, in dem die nun nach oben hin offene zweite Elektronikbaugruppe positioniert ist, wurde die Aufnahme nach unten hin geschlossen. Verschleppte Partikel werden so in der „Schale“ aufgefangen. Damit das Zwischenhandling einfach gereinigt werden kann, wurde eine großzügige Hohlkehle umgesetzt!
Referenzen:
VDA19 Teil2, Abschnitt F, Kap. 3.1.4.5 Werkstückträger und Werkstückaufnahme