Sauberkeitskontrollen in sensiblen Produktions- und Fertigungsbereichen zählen zum unverzichtbaren Bestandteil der Qualitätskontrolle. Prüfergebnisse von Restschmutz- bzw. Sauberkeitsanalysen waren bisher allerdings nicht reproduzierbar. Das sogenannten “Gebrauchsnormal” der Firma PartikelXpert schließt diese Lücke. Damit erfüllt das neue Instrument den Anspruch, Sauberkeitsüberprüfungen präzise einzuordnen und zu bewerten und optimiert Qualitätskontrollen. Wir haben nachgefragt.

Mit einer völlig neuen Methode, um Sauberkeitsüberprüfungen reproduzierbar und vergleichbar zu machen, hat das Unternehmen PartikelXpert auf den zurückliegenden Lounges 2014 den Reinheitstechnik-Preis “Clean! 2014″ erhalten. Der Preis, der vom Fraunhofer IPA vergeben wird, zeichnet eine methodisch ausgelegte Innovation aus, die ihren Einsatzbereich bei der Endabnahme von Extraktionsanlagen und der Überprüfung interner Sauberkeitsuntersuchungen findet. Damit verspricht das sogenannte Gebrauchsnormal (Kalibriernormal) deutliche Verbesserungen bei den Qualitätskontrollen. Im Gespräch mit Markus Hansel, Geschäftsführer im Unternehmen PartikelXpert.
Herr Hansel, das sogenannte “Gebrauchsnormal” für Sauberkeitsüberprüfungen wurde vom Fraunhofer IPA mit dem Reinheitstechnik-Preis “Clean! 2014″ ausgezeichnet. Was genau müssen wir uns unter dieser Neu-Entwicklung Ihres Unternehmens PartikelXpert vorstellen?
Bei dem Gebrauchsnormal handelt es sich um einen handelsüblichen Objektträger aus Glas, der gezielt mit metallischen Partikeln kontaminiert wird. Diese Partikel werden so auf dem Objektträger gebunden, dass sie sich bei der Extraktion einer Sauberkeitsuntersuchung von dem Objektträger ablösen.
Die Partikel werden eigens für das Gebrauchsnormal von der TU Dortmund mit den dazu notwendigen Toleranzen und einer spezifischen Morphologie hergestellt. Auf diese Weise entsteht ein Objekt mit bekanntem Verschmutzungsgrad, welches bislang in dieser Form nicht verfügbar war.
Sauberkeitsuntersuchungen waren bisher nicht reproduzierbar. Mit dem sogenannten Gebrauchsnormal – auch Kalibriernormal genannt – hat sich dies nun grundlegend geändert. Wer profitiert insbesondere?
Kann das Gebrauchsnormal somit die Qualität bzw. Leistungsfähigkeit des gesamten Prozessablaufs einordnen?
Ja, zu diesem Zweck haben wir das Normal entwickelt. Darüber hinaus gibt es noch weitere Methoden um eine Sauberkeitsuntersuchung zu qualifizieren. Eine Abklinguntersuchung ermöglicht beispielsweise die qualitative Einordnung des produktspezifischen Extraktionsvermögens, die Blindwertbestimmung gibt Aufschluss über den Sauberkeitszustand der Laborgeräte und der Umgebungsbedingungen. In Verbindung mit den bisher zur Verfügung stehenden Qualifizierungsmöglichkeiten ist man mit dem Gebrauchsnormal erstmals in der Lage den gesamten Ablauf einer Sauberkeitsuntersuchung zu qualifizieren.

Mit dem Einsatz dieses Instruments wird also auch eine qualitative Überwachung der Prüflabore bzw. der eigenen Prüftätigkeit möglich?
Jede Prüfung erfordert einen Standard auf den alle Prüfgeräte und Prüfabläufe zurückzuführen sind. Denkt man zum Beispiel an eine Waage, die mit Hilfe eines Standards, einem Eichgewicht, überwacht wird, wird dies schnell deutlich. Stände hier kein Eichgewicht zur Verfügung, könnten alle Ergebnisse einer Wägung angezweifelt werden. Da bislang kein Standard für Sauberkeitsuntersuchungen zur Verfügung stand, ist genau dies beim Vergleich von entsprechenden Prüfprotokollen eingetreten. Die Ergebnisse von Sauberkeitsuntersuchungen wichen lange Zeit sehr stark voneinander ab. Dies führte oft zu Konflikten zwischen Kunden und Lieferanten. Bei Laboren, welche das Gebrauchsnormal regelmäßig einsetzen, ist seit dem eine deutlich höhere Vergleichbarkeit erkennbar.
Welche methodischen Anwendungen führen beim Gebrauchsnormal dazu, dass die Prozessabläufe einer Sauberkeitsspezifikation relativ präzise bewertet werden können?
Das Ergebnis einer Sauberkeitsuntersuchung ist von sehr vielen Faktoren abhängig. Der Einsatz von unterschiedlichsten Laborgeräten, vom Extraktionskabinett über den Trockenofen bis hin zum Analysesystem, ist an der Tagesordnung. Darüber hinaus sind produktbedingt meist sehr unterschiedliche Prüfabläufe notwendig. Und nicht zuletzt hat der Einfluss”Mensch”, unter Anderem über das Handling der Analysefilter, einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis.
An dem Gebrauchsnormal wird eine standardmäßige Sauberkeitsuntersuchung durchgeführt. Das bedeutet, dass über das Normal eine bekannte Anzahl an Restschmutzpartikeln mit spezifischen Eigenschaften in den ersten Schritt, der Extraktion, einer Sauberkeitsuntersuchung eingebracht wird. Ziel ist es, alle Partikel über die Extraktion vom Gebrauchsnormal auf den Analysefilter zu übertragen.
Die Partikel müssen dann alle weiteren Schritte bis hin zur mikroskopischen Analyse durchlaufen. Auf diese Weise kann erkannt werden, ob sich die Extraktionsgeräte in einwandfreiem Zustand befinden. Es wird erkannt, ob die Extraktionsparameter korrekt eingestellt sind. Die Trocknung, das Handling und die eigentliche Analyse werden auf diese Weise ebenso überprüft / überwacht.
In welchen Bereichen kann diese Methode idealerweise zur Anwendung kommen?
Wir haben die Methode zur Verbesserung der Vergleichbarkeit von Sauberkeitsuntersuchungen gemäß VDA 19 entwickelt. Als Richtlinie der Automobilindustrie wird die VDA 19 maßgeblich im Automotivbereich angewendet. Darüber hinaus ist der Einsatz in allen sauberkeitsrelevanten Industriezweigen möglich. Da es sich bei dem Normal nüchtern betrachtet um ein Objekt mit einer bekannten Partikelverunreinigung handelt, sind auch weitere Anwendungsgebiete in themenübergreifenden Bereichen denkbar.
Sie sind gemeinsam mit Stefan Marquardt Geschäftsführer von PartikelXpert. Das noch junge Unternehmen wurde speziell zur Entwicklung dieses Instruments entwickelt?Über unseren Hauptarbeitgeber, der Fa. EJOT GmbH & Co. KG wurden wir bereits vor einigen Jahren mit der Thematik konfrontiert. Als wir dann vor ca. zwei Jahren die Idee für das Gebrauchsnormal hatten, war uns schnell klar, dass man einen solchen Standard nicht neben den täglich anfallenden Aufgaben in einem Unternehmen entwickeln und darüber hinaus in den in Frage kommenden Industriebereichen einführen kann.
Im Einvernehmen mit EJOT haben wir PartikelXpert im Jahr 2012 als nebenberufliches Unternehmen ins Leben gerufen. An dieser Stelle möchte ich unserem Arbeitgeber für dessen Unterstützung danken. So etwas ist in heutiger Zeit sicher nicht selbstverständlich. Wir werden PartikelXpert auch weiterhin in enger Kooperation mit EJOT führen.
Sind Weiterentwicklungen in Planung und falls ja, um welche Herausforderungen wird es gehen?
Da das Thema “Technische Sauberkeit” noch relativ jung ist, sind noch sehr viele Weiterentwicklungen und Innovationen denkbar und in einigen Bereichen sind diese auch notwendig. Wir sind gespannt welchen Weg die technische Entwicklung in diesem Bereich künftig einschlagen wird. Eines ist sicher, es werden noch sehr viele interessante und bahnbrechende Innovationen folgen. PartikelXpert hat es sich zur Aufgabe gemacht die Vergleichbarkeit von Sauberkeitsuntersuchungen zu erhöhen. Als Spezialist in diesem Bereich sind wir auch in Zukunft aufgefordert entsprechende Lösungen zu entwickeln. Die Verleihung des Fraunhofer Innovationspreises “Clean 2014″ hat uns dabei in unserer Tätigkeit bestätigt. Der Preis bedeutet für uns in erster Linie eine “Motivation für neue Ideen”.

Gibt es besondere Wünsche für die Zukunft?
Die technische Entwicklung hat in den vergangenen Jahrzehnten ein rasantes Tempo eingelegt. Mit hochmodernen Fertigungsmöglichkeiten lassen sich heute Projekte verwirklichen, deren Umsetzung noch vor wenigen Jahren kaum jemand für möglich gehalten hat. Speziell im Bereich der Technischen Sauberkeit bedeutet dies, dass wir in naher Zukunft mit stetig steigenden Anforderungen konfrontiert werden. Es wird kaum mehr möglich sein, diese Aufgaben alleine in einem Industriezweig oder gar alleine in einem Unternehmen zu lösen. Wünschen würde ich mir in diesem Zusammenhang, dass wir die dazu notwendigen anspruchsvollen Lösungsansätze vermehrt im Verbund aller beteiligten Stellen bearbeiten. Nur eine solche Herangehensweise kann nach meinem Ermessen zielführend sein.
- Das Interview führte Ursula Pidun –
Der Reinheitstechnik-Preis “Clean! 2014″ wird vom Fraunhofer IPA verliehen:
http://www.youtube.com/watch?v=b2ybCyRURB4
Verweise:
Messtechnik – Blindwert bei der Abklingmessung
Messverfahren – Die Abklingmessung
Korrelative Mikroskopie zur Partikel-Analytik
Mikrotomographie zur Partikel-Analyse
Partikel – Störgrößen bei Messverfahren
Der “Illig”-Wert
Gravimetrie – Wägen im Mikrogramm-Bereich
Auf der Jagd mit Partikelfallen
Verfahren zur Partikelmessung
EDX-Analyse zur Partikel-Messung